Momentaufnahmen / 2019

 

 

Letzte Rose

Noch zwei Rosenblüten, etwas zerzaust, aber immerhin in voller Blüte, zeigen sich im Beet vor meiner Küche. Und unwillkürlich kommt mir das Lied von der Letzten Rose ins Gedächtnis.

 

Und damit verbunden sehr lange zurückliegende Erinnerungen an die Nachmittagsbesuche bei meiner Großmutter im Haus über der Donau! Während meine Mutter Einkäufe in der Stadt machte, hütete die Oma meine Schwester und mich. Etwas, was sie immer sehr gerne tat und dabei immer tolle Unternehmungen mit uns vorhatte!

 

An einem regnerischen Spätherbsttag, an dem wir nicht in den Garten gehen konnten, führte uns Oma in den kühlen Salon, wo das Klavier mit den Messingleuchtern stand. Oma spielte eine Ouvertüre. Dann begann sie mit etwas brüchiger Stimme das Lied von der Letzten Rose zu singen. Ich kenne es eigentlich nur mit dem englischen Text The  l a s t  Rose of summer. Ein wunderschönes, eher trauriges Lied, an das ich heute noch, nach über 70 Jahren, zurückdenke!

Und mit etwas Wehmut betrachte ich meine beiden letzten roten Rosen im Beet und denke an Omas Lied, das wir damals etwas schüchtern mitgesungen hatten!

 

November 2019


Kleine Gesten

Als ich vor Kurzem bei der Ärztin im Wartezimmer saß und nach etlicher Zeit aufgerufen wurde, hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, mich rasch vom Stuhl zu erheben. Dies sah offensichtlich meine Sitznachbarin, eine Migrantin mit Kopftuch. Rasch sprang sie auf und wollte mir spontan helfen. Inzwischen war ich jedoch schon aufgestanden, und ich bedankte mich freundlich bei der hilfsbereiten jungen Frau. Später dachte ich nochmals über diese nette Art nach, mit der sich die Frau zu mir gebeugt und ihre Hand zum Stützen hingestreckt hatte. Mir wurde bewusst, wie es in jenen Ländern, aus dem sie kam, ganz normal und üblich ist, grundsätzlich alten Menschen zu helfen. Und ich war etwas beschämt und traurig über die Tatsache, dass hierzulande doch viele alte und sehr alte Menschen auf sich alleine gestellt sind.

 

Nun ja, man  i s t  nun mal nicht mehr so stark und fit, speziell mit den Beinen, die einem manchmal wie Gummi erscheinen! Als ich mit einer meiner Töchter letzte Woche in einem Restaurant aß, stand ich nach einiger Zeit auf, um auf die Toilette zu gehen. Wegen der Treppe zu diesem Örtchen wollte meine Tochter mich begleiten, was ich stolz und dankend ablehnte. Allerdings hatte ich nicht mit dem netten Kellner gerechnet, der mir anbot, mich wegen der steilen Treppe zu begleiten. Dies fand ich nun – so kurios dieses Angebot auch war – sehr aufmerksam und nett. Aber natürlich lehnte ich auch dieses freundliche Angebot dankend ab!

 

Für eine alte Dame sind solche Erfahrungen zwar einschneidend, aber durchaus erfreulich und verdienen es deshalb, festgehalten zu werden!

 

November 2019


Kluger Hund

Meine Hündin liebt unter anderem jegliche Art von Rohkost, natürlich nur zwischendurch als Leckerchen. So verzehrt sie Apfelschnitze, Nektarinenstücke, Bananenrädchen, aber auch Gemüse, wie Möhrchen, Chicoréeblätter oder Fenchelstreifen, die sicher für den Magen noch speziell bekömmlich sind.

 

Die Hündin weiß auch, dass Ende des Sommers im Garten die kleinen gelben Fall-Äpfelchen unter dem Baum liegen. Zielstrebig eilt sie jeweils dorthin und packt sich einen Apfel, der durchaus auch halb verfault sein darf, um ihn mit Genuss zu verspeisen. Dieses Jahr allerdings fielen Wespen über die Früchte her, und ich versuchte, die Hündin von den süßen Früchten fernzuhalten. Leider gelang mir dies vor Kurzem nicht, sodass sie mit hinkendem Vorderbein zu mir kam. Offensichtlich war sie– zum Glück nicht ins Maul – jedoch in den Fuß gestochen worden. Jedoch gab kurz darauf meine Hündin das Hinken auf. Offensichtlich hatte der Schmerz schon nachgelassen.

 

Gestern nun nach längerer Zeit lief meine tierische Begleiterin wieder zielstrebig Richtung Apfelbaum, was ich mit einem eher besorgten Blick erkannte. Als ich sie schon zurückholen wollte, hielt sie ganz plötzlich inne. Kurzes Nachdenken, dann eine Kehrtwendung – halt, dort hat ja neulich etwas ganz fies gepiekt – und wie der Blitz rannte meine kluge Hündin wieder zu mir, ohne sozusagen ihr Gesicht zu verlieren!

 

Ich war doch ziemlich perplex über diese „Erkenntnis“ der Hündin. Allerdings weiß ich nicht, ob diese bis zum nächsten Herbst anhält!

 

September 2019


Irrläufer auf vier Beinen

Neulich erblickte ich im Dämmerlicht in der Küche einen seltsamen dunklen Fleck. Hatte doch tatsächlich mein Hund sich dort verewigt? Rasch kam ich näher und erschrak, als der Fleck plötzlich einen Sprung unter den Küchentisch machte. Ich knipste das Licht an und sah einen niedlichen kleinen Frosch, der soeben Richtung Türe zum Garten hüpfte. Mein Versuch, die Türe zu öffnen, veranlasste leider das Tierchen, wieder weiter ins Innere zu flüchten. Nun, schließlich gelang es mir, den Frosch hinauszukomplimentieren.

Und vorgestern, als ich mit dem Hund nochmals abends nach draußen ging, sah ich, wie 'mein' Fröschchen nahe beim Haus rasch ins Beet verschwand und dort Schutz suchte.

Um beim Thema zu bleiben, muss ich Weiteres berichten, das schier unglaublich scheint. Ich musste an meinem Rasen-Roboter irgendetwas korrigieren und hob ihn zu diesem Zweck etwas hoch. Und was sah ich da? Eine Kröte hatte offensichtlich bei heftigem Regen unter dem Gerät Schutz gesucht, dicht vor den scharfen Messern des Mähers! Ich stupste sie vorsichtig am Rücken, damit sie ihr zweifelhaftes Quartier verließ. Aber sie rührte sich nicht. War sie womöglich verletzt oder sogar tot? So holte ich ein Küchenpapier, um sie damit anzuheben, denn, ehrlich gesagt, irgendwie war es mir nicht so geheuer, die Kröte anzufassen und hochzuheben. Kaum berührte ich sie mit meinem Papier, entschloss sie sich doch, ihr Quartier etwas schwerfällig zu verlassen. Aber ich sah gleich, dass sie offensichtlich keinen Schaden erlitten hatte.

 

Eigentlich erfreulich und heutzutage nicht mehr selbstverständlich, dass nicht nur die unterschiedlichsten Vögel, sondern auch noch Kröten und Frösche meinen Garten aufsuchen!

 

September 2019


Taxi mit Tango

Wieder einmal hatte mich ein Taxi von Aachen zurück nach Eupen gefahren. Im Allgemeinen möchte ich die „Taximänner“ nicht nerven mit immer denselben Fragen „Woher kommen Sie?“, aber nachdem der Fahrer diesmal sofort bei dem Wort Eupen das Kulturzentrum Alter Schlachthof erwähnte,  kamen wir sofort in ein angeregtes Gespräch. Ich staunte nicht schlecht über sein Wissen und berichtete von einer Flamenco-Vorführung, die mir dort sehr gut gefallen hatte. Und sofort wechselte der Fahrer, der sich als Pole aus Danzig erwies, das Programm auf seinem Radio auf einen Sender, der Tangos jeglicher Art brachte. Dabei konnte ich ihm sogar bei den spanischen Texten einige wenige Worte ins Deutsche übersetzen, was er ziemlich gut fand, wie ich bemerkte.

 

So fuhren wir also Richtung Eupen, diverse Tangos in den Ohren, bis wir zur Brücke über die Autobahn bei Eynatten kamen.

Und da geschah es!

 

Urplötzlich kam ein Motorradfahrer aus der Ausfahrt auf uns zugeschossen, und um ein Haar hätte er unseren Wagen getroffen. Gerade noch rechtzeitig konnte der Fahrer ausweichen. Großer Schreck auf beiden Seiten. Und ich sagte schockiert: „Der Motorradfahrer wäre direkt in mich hineingefahren!“ Da meinte der gute Mann:

 

„Und das wäre dann Ihr letzter Tango gewesen“!

 

Da mussten wir beide lachen, wobei ich mir schon bewusst war, wie froh wir sein konnten, ungeschoren davongekommen zu sein. Und so sagte ich ganz spontan, darüber müsse ich nun eine kleine Geschichte schreiben, was der Fahrer natürlich zu weiteren Fragen veranlasste. Aber davon ein andermal! 

 

Juli 2019


Die Freude währte nur kurz: Fortsetzung meiner Vogelgeschichte

Man sollte nie „nie“ sagen. Kaum hatte ich mich darüber gefreut, dass inzwischen kein Vogel mehr in meine Scheibe fliegt und tot liegen bleibt, fand ich erst heute Morgen einen Vogel mit gebrochenem Genick auf dem Boden dicht vor dem Fenster liegen. Ich hob ihn auf und man mag über mich lächeln, aber irgendwie muss ich mit bedauernden Worten meiner Traurigkeit über diesen plötzlichen Tod dem Tier gegenüber Ausdruck verleihen, auch wenn es mich nicht mehr hören kann.

 

Der tote Vogel hatte schöne gelbe Federn am Flügel, Bauch und Schwanz. Schon ein paarmal hatte ich solche Besucher am Vogelhäuschen gesehen, wenn beim Heranflattern die gelben Federn sichtbar wurden.

 

Ich nahm mein uraltes Vogelbuch zur Hand und fand eine Beschreibung des sogenannten Gelbspötters. Darin wurde erwähnt, dass dieser Gelbspötter erst im Mai vom Süden zu uns kommt. Und plötzlich dachte ich, dass es kein Wunder ist, wenn dieser schöne Besucher die Gegebenheiten bei meinem Vogelhäuschen vor der großen Scheibe noch gar nicht kennen kann, da er den ganzen Winter über noch im Süden verbracht hatte! Und so musste er vielleicht auch aus diesem Grund sein Leben an der Fensterscheibe lassen.

 

Übrigens, der Schreibstil dieses Vogelbuches ist in meinen Augen erstaunlich altmodisch. Am Schluss der obigen Beschreibung heißt es: „Wer würde diesem hübschen Vogel wohl etwas zuleide tun? Er ist nützlich, weil er eine Menge von Insekten vernichtet und in der Natur jedes Herz erfreut!“

 

Das Vogelbuch stammt aus dem Jahr 1961. Und was das Thema Insektenvernichtung betrifft, gab es damals noch eine heile Welt mit vielen Insekten für die Vögel. Aber warum eigentlich diese Warnung von „etwas zuleide tun“? Das Buch erschien in der Tschechoslowakei. Wäre es möglich, dass auch dort, wie sogar manchmal noch in Belgien, der Vogelfang üblich war? Wer löst das Rätsel ...?

 

Juni 2019


Wer kennt noch die Autorin E. Marlitt?

Letzte Woche hatte ich die spontane Idee, aus meinem Bücherregal auf dem Speicher zur Abwechslung mal eines dieser sehr alten Bücher der Schriftstellerin Eugenie Marlitt herauszunehmen und nochmals zu lesen.

 

In der sogenannten Gartenlaube, die im Jahr 1881 zum ersten Mal erschien und die eine Vorläuferin der heutigen Frauenillustrierten war, hatte auch diese Autorin ihre Fortsetzungsromane veröffentlicht. 

 

Aus früheren Teenagerzeiten kannte ich die Inhalte dieser Romane. Auch damals schon amüsierte ich mich über den altmodischen Stil in diesen Büchern. Aber nun wollte ich wieder einmal eintauchen in diese sogenannten 'guten alten Zeiten', wo die Standesunterschiede noch eine enorm wichtige Rolle spielten. Es wurden große Herrschaftshäuser mit Köchin, Küchenmädchen, Laufbursche und einem alten Hausdiener-Faktotum geschildert. Die Frauen durften noch nicht einmal einen normalen Beruf auswählen, bis auf die jungen Mädchen aus einfachen Verhältnissen, wie man heute sagen würde, die sich als Kammerzofe oder einfache Küchenhilfe eine Arbeit suchen mussten. Das höchste der Gefühle war für den 'höheren Stand' der Beruf der Gesellschafterin!

 

Diese Autorin Eugenie Marlitt beschreibt in ihren diversen Romanen solche Milieus und Ereignisse mit Höhen und Tiefen und natürlich immer  mit einem Happy End!

 

Dabei hatte sie eine relativ moderne Einstellung hinsichtlich der Rechte der Frauen, die sie mutig in ihre Geschichten einflocht. Ich zitiere einen kleinen Passus Auch der Frau konnten sich die Wunder des menschlichen Geistes erschließen durch das Studium der Musik, der Sprachen ...An weitere Studien war natürlich nicht zu denken, vorerst! Hier eine Beschreibung dieser jungen Hauptperson in dem Roman 'Das Geheimnis der alten Mamsell': Ein reizendes Frauengesicht von förmlich blendender Frische, ein Kopf voll aschblonder Locken mit blauen Taubenaugen. Und dieser Kopf saß auf einem blühenden Leibe von schönstem Ebenmaße, den ein weißes Mullkleid umhüllte.

 

Übrigens wird dagegen immer betont, wie fleißig diese emsigen Damen waren. Sie saßen nie untätig in ihren Fauteuils, ständig strickten sie für soziale Werke, sogar beim gemeinsamen Kaffeenachmittag im Garten. Dann gruppierten sie sich zum Kaffeetische und sogleich wurden die Arbeitskörbchen hervorgeholt.

 

Wie Sie sehen, eine gänzlich andere Welt. Selbstverständlich waren solche Bücher durchaus genehm für junge Menschen, da diese unverfänglich und nach damaligen Ansichten moralisch waren.

 

Aber wenn wir an gewisse heutige Romane denken, wo die intimsten Details beschrieben werden, wo menschliche Abgründe auftauchen ... Unglaublich, wie sich auch hier die Zeiten geändert haben!

 

Mai 2019


Alte Freundschaften

Vorgestern erhielt ich einen Anruf, der mich überraschte: es war Friedrich, ein Jugendfreund, den ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr getroffen hatte.

Unsere allererste Begegnung hatten wir vor sage und schreibe 74 Jahren bei einem Besuch auf dem Gut seiner Eltern. Meine Mutter war mit Friedrichs Mutter befreundet. Oft hatte meine Mutter von ihrem Jahr als Erzieherin in Ostpreußen berichtet, wobei sie versuchte, uns begreiflich zu machen, dass sie sehr kameradschaftlich mit dieser Marita umgegangen wäre.

Und daraus entstand nun eine langjährige Freundschaft, die damals bei dem erwähnten Besuch der 'Erzieherin' mit ihrer Tochter Verena erneut gefestigt werden sollte. Allerdings schien nun diese Marita selbst eher strenger mit ihren Söhnen umzugehen, als damals ihre Erzieherin es gewesen war! Mutter trichterte mir ein, ich müsste mich sehr brav und möglichst ruhig verhalten. Vorsichtshalber hatte sie damals meine Schwester in der Obhut der Großmutter gelassen, weil erstere oft ein recht vorlautes Mundwerk hatte!

So saß ich also gesittet beim Essen am Tisch, gab höfliche und kurze Antworten, wenn Friedrichs Mutter mich etwas fragte und war ein absolutes Musterbeispiel an Wohlerzogenheit! Nur bei einem improvisierten Kasperletheater taute ich etwas auf und ließ buchstäblich die Puppen tanzen, was der gestrengen Marita sogar zu gefallen schien.

An einem warmen Julitag ging ich mit den beiden Jungen in den Garten, wo wir von den Beeren naschten. Dann aber beschlossen diese, mal zu sehen, wie es aussieht, wenn ein Mädchen weint und schlugen mich mit einem längeren Stock auf den Rücken und die Schultern. Aber diesen Gefallen tat ich ihnen nicht. Noch heute fühle ich dieses Gemisch aus Angst und Stolz und erinnere mich an meine Absicht, nicht einfach wegzurennen, sondern scheinbar unbeeindruckt Richtung Gutshof zurückzugehen. Aber seltsamerweise blieben wir trotz dieser Attacke gute Freunde.

Und obwohl wir uns jahrelang nicht mehr sahen, schrieben wir uns gelegentlich, und mein alljährlicher Weihnachtsbrief wurde jedes Jahr an Friedrichs Familie versandt.

Für mich sind solche alten Freundschaften sehr wertvoll, aber man sollte sie auch pflegen!

 

Mai 2019


Schnee im späten Frühjahr
Heute Morgen früh um sieben sah ich es weiß durch die Lamellen am Fenster blinken. Nun ist er doch gekommen, der angekündigte Schnee! Was mir aber auffiel, als ich das Fenster öffnete, das war diese abgrundtiefe Stille! Kein Vogelgezwitscher, das mich die letzten Wochen freudig begrüßt hatte. Irgendwie fand ich das fast schon beängstigend. Ganz kurz versuchte eine Amsel zaghaft, den Tag zu begrüßen. Ich fand sie direkt mutig.

 

Auf der Terrasse saß ein Buchfink und blickte zu mir herein, als ob er mich mahnen wollte, möglichst bald neues Futter ins Vogelhäuschen zu streuen. Und natürlich zog ich sogleich die Gummistiefel an, nahm den Eimer mit dem Futter und trabte durch den Schnee zum Futterplatz.

 

Kurz darauf herrschte wieder der übliche Betrieb am Futterhäuschen, die Spatzen meist auf dem Boden davor, die beiden Ringeltauben mitten unter ihnen und drum herum die anderen Besucher, nicht zuletzt dann kleine Rangeleien mit den frechen Elstern und Krähen.

 

Einige Zeit danach sah ich schon, wie der Schnee langsam wieder schmolz. Hoffentlich bleibt dies nur eine kleine Episode im Mai!

 

Mai 2019


Alpenveilchen

Zu meinem letzten Geburtstag Mitte August wurde mir ein Alpenveilchen mit leuchtend roten Blüten überreicht. Natürlich freute ich mich darüber, wie ich mich über jeden Blumengruß freue! Ich wusste auch, wie diese fröhliche Pflanze zu pflegen ist, gießen immer in den Übertopf. Klingt ja eigentlich alles recht banal.

 

Aber warum ich nun darüber berichte ist die Tatsache, dass ich mich fast ein halbes Jahr daran freuen konnte! Immer und immer wieder zeigten sich neue Knospen zwischen den Blättern, die emporwuchsen und neue Blüten bildeten. Irgendwie war ich, die eigentlich früher nicht so viel Glück mit Pflanzen hatte, richtig stolz darauf, dass sich 'mein' Alpenveilchen offensichtlich so wohl bei mir fühlte. Oft waren es bis zu zehn Blüten, die ich bewundern durfte.

 

Erst kurz vor Weihnachten zeigte das Alpenveilchen Zeichen von Ermattung, um es mal menschlich auszudrücken. Ein letzter Blütenstängel zeigte sich noch zwischen den Blättern, von denen einige schon verwelkten, sodass ich sie entfernen musste. Und die Farbe der einst leuchtend roten Blüten verblasste immer mehr. Irgendwie kam mir mein Blumenstöckchen fast menschlich vor, wie es tapfer gegen das Altern kämpfte, um bei dem Vergleich mit Menschen zu bleiben. Verständlich ist auch, dass ich es nicht über mich brachte, den Blumenstock in den Müll zu werfen. Vor zwei Tagen hatte ich ihn schon in der Hand, dann stellte ich ihn rasch wieder in seinen Übertopf, weil ich mir fast schon grausam vorkam. Ich werde warten, bis die letzte Blüte umknickt. Erst dann werde ich mich von meinem Alpenveilchen dankbar verabschieden.

 

Man mag über mich lächeln, aber so bin ich nun mal!

 

Januar 2019